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Miller & Monroe: Ende einer Durststrecke

Von Simone Preuss

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Business |HINTERGRUND

Miller & Monroe, der niederländische Einzelhändler, der für sein Multimarkenkonzept bekannt ist, expandierte durch den Erwerb ehemaliger Charles-Vögele Filialen rasant. Doch die Mutttergesellschaft Victory and Dreams Holding scheint sich mit dem ehrgeizigen Unterfangen übernommen zu haben.

Vor rund einem Jahr übernahm die niederländische Gesellschaft (zu der auch Vidrea Retail B.V. gehört) über 200 Charles Vögele-Niederlassungen in Deutschland und baute sie zum Miller & Monroe Store-Konzept um. Hauptzielgruppe der Marke waren die über 40-Jährigen, Männer sowie Frauen; Miller & Monroe verkaufte neben der gleichnamigen Eigenmarke Marken wie Lerros, Zerres, Clarina, Fransa, Tom Tailor und Witteveen. Das Geschäft schien für einige Monate zu florieren, aber im Hintergrund hat es den jüngsten Ereignissen nach wohl schon länger rumort. Im März 2019 meldete die Muttergesellschaft Vidrea Germany Gmbh Insolvenz an und brachte damit ihr ehrgeiziges Unterfangen im deutschen Einzelhandelsmarkt zum Erliegen.

Was ist passiert? FashionUnited hat die Entwicklung von Miller & Monroe in Deutschland in den letzten zwölf Monaten zusammengestellt.

Übernahme der Charles Vögele-Filialen Anfang 2018

Zunächst fing alles gut an: Die niederländische Einzelhandelskette Miller & Monroe expandierte durch die Übernahme der ehemaligen 200 Filialen von Charles Vögele Anfang 2018 nach Deutschland. Auch der Name wird erklärt: Er bezieht sich auf das Hollywood-Paar Arthur Miller und Marilyn Monroe. „Unsere Zielgruppe, die über 40-jährigen Männer und Frauen, haben Marilyn Monroe noch mitbekommen. Die Kombination der Namen zeigt auch, dass wir Kleidung für Männer und Frauen anbieten“, so Evelien Ollongren, Marketing Direktor von Miller & Monroe im Interview mit FashionUnited im November 2017.

Miller & Monroe übernimmt 200 Charles Vögele Filialen in Deutschland

Die Übernahme von Charles Vögele Niederlande kostete Vidrea Retail 4,4 Millionen Euro: Etwa zwei Millionen Euro entfielen auf das Inventar und die Lagerbestände der betreffenden Filialen; die übrigen 2,4 Millionen Euro auf Liquidationskosten. Über den Kaufpreis für die deutschen Filialien ist nichts bekannt.

Vidrea: Übernahme von Charles Vögele Niederlande kostete 4,4 Millionen Euro

Am 21. April 2018 ist es dann soweit: Miller & Monroe eröffnet die ersten deutschen Filialen; 15 ehemalige Charles Vögele-Geschäfte - neun davon im Großraum Hamburg und Bremen - wurden in Rekordzeit umgebaut und Kunden mit Plakaten und Flyern auf die Marke vorbereitet. Insgesamt wird die Anzahl der Läden von 200 auf 180 reduziert. Im Gespräch mit FashionUnited Ende März 2018 erklärt Armin Funk, Miller & Monroe General Manager Deutschland, wie Miller & Monroe auf mehr Emotion in Charles Vögele-Filialen setzt.

Miller & Monroe eröffnet erste deutsche Filialen am 21. April
Miller & Monroe eröffnet erste neun deutsche Filialen am Samstag

Nach den ersten Eröffnungen verliert Miller & Monroe keine Zeit, weitere 14 Standorte umzubauen und nur eine Woche später, am 28. April 2018, zu eröffnen. Dazu gehören Läden in Helmstedt, Norden, Leer, Steinfurt-Borghorst und Wolfenbüttel.

In Bildern: Miller & Monroes erste deutsche Filialen

„Insgesamt sind wir mit den ersten Umsätzen sehr zufrieden. Was allerdings noch wichtiger ist, ist das durchweg positive und zum Teil begeisterte Feedback der Kunden, welches Ansporn für die nächsten Wochen ist“, kommentiert Funk und betont, dass der „unermüdliche Einsatz der Mitarbeiter und die unbürokratische Zusammenarbeit mit Marken wie Lerros, Brühl, Kaiser, Pioneer, Mustang, Olsen und Zerres“ zu einem erfolgreichen Start beigetragen hätten.

Miller & Monroe nimmt weitere Marken ins Sortiment

Im Mai gab der niederländische Modehändler dann bekannt, weitere Bekleidungsmarken in das Sortiment der deutschen Filialen aufgenommen und bereits ein Fünftel der übernommenen Charles-Vögele-Geschäfte auf das neue Miller & Monroe Konzept umgestellt zu haben. Alle deutschen Läden böten jetzt auch Kollektionen von Fransa, B.Young, Witteveen und Petrol an, so Funk in einer E-Mail an FashionUnited. Einige Standorte führten darüber hinaus auch Kleidung von Broadway und Tom Tailor. Zuvor hatte Miller & Monroe bekannt gegeben, dass außer der Eigenmarke Miller & Monroe auch die Marken Cecil, Fransa, Zerres und Lerros im Sortiment seien.

Miller & Monroe nimmt weitere Marken ins deutsche Sortiment auf

Im August 2018 übernimmt die Victory & Dreams Holding eine weitere insolvente Marke - die niederländische Streetwear-Kette Men at Work. Die Eigenmarken von Men at Work wie Airdate, OTR und 8MM sollen dabei langfristig auch in den Miller & Monroe-Filialen verkauft und als Men at Work Shop-in-Shops präsentiert werden, so Philippe Hes, Direktor der Victory & Dreams Holding, in einer Pressemitteilung.

Miller & Monroe-Eigentümer rettet Men at Work

Charles Vögele Österreich und Schweiz in Schwierigkeiten

Während Charles Vögele auch in Österreich Insolvenz anmelden muss und auf Investorensuche ist und den ehemaligen Schweizer Charles Vögele-Filialen Massenentlassungen drohen, entwickeln sie die Umsätze beim deutschen Charles-Vögele Nachfolger Miller & Monroe seit der Übernahme wie erwartet: „Der Gesamtumsatz liegt im Bereich der Erwartungen“, so Funk gegenüber FashionUnited. „Das heiße Wetter in den ersten zwei Augustwochen hat die Umsätze belastet, in den letzten zwei Wochen lief es besser.“ Die Umsätze lägen teils bereits auf dem Niveau von 2016 zu Zeiten von Charles Vögele und jetzt gehe es darum, diese zu „stabilisieren“.

Miller & Monroe Umsatz in Deutschland bisher wie erwartet

Ende September 2018 stellte FashionUnited Hintergrundinformationen zum medienscheuen Eigentümer der Victory & Dreams Holding zusammen, als die letzten verbleibenden Charles Vögele-Filialen in Deutschland als neue Miller & Monroe-Filialen eröffnet wurden.

Neuer Modeplayer: Wer steht hinter Miller & Monroe Eigentümer Victory & Dreams Holding?

Bei der österreichischen Tochter des insolventen Bekleidungshändlers Charles Vögele bleibt es indessen weiter spannend: Im Oktober erst hatte sie einen neuen Eigentümer gefunden, da stand sie bereits wieder zum Verkauf: Mitte November teilte die GA Europe GmbH mit, dass sie den „Sanierungsprozess erfolgreich abgeschlossen“ habe – und suchte im November bereits wieder Interessenten für Charles Vögele Österreich.

Diesen fand sie prompt mit Miller & Monroe-Eigentümer Vidrea Retail B.V. Dieser hatte bereits im November 2018 eine Absichtserklärung zur Übernahme der 60 verbliebenen österreichischen Charles Vögele Filialen unterzeichnet. Noch vor Weihnachten wurden 14 Filialen von Charles Vögele in Oberösterreich und Voralberg auf das Konzept von Miller & Monroe umgestellt; im Januar sollten 15 weitere Geschäfte und bis zum Saisonstart im Frühjahr 2019 die gesamten österreichischen Charles-Vögele-Filialen zu Miller & Monroe umgewandelt werden. Schließlich wurden nur 13 Filialen im Dezember umgestellt und mit Waren beliefert, teilte in Sprecher für Miller & Monroe am Montag mit. Danach wurde der Prozess gestoppt, sagte er – ohne weiter auf Details einzugehen. So deuteten sich schon die Probleme bei dem Textilhändler an.

Charles Vögele Österreich wird Miller & Monroe

Vidrea Retail meldet im März 2019 Insolvenz an

Dann die große Überraschung - die für Branchenkenner vielleicht keine wirkliche Überraschung war: Die Vidrea Retail GmbH, die deutsche Muttergesellschaft hinter Miller & Monroe, meldete im März dieses Jahres Insolvenz an, nachdem sie erst vor knapp einem Jahr die ehemaligen Charles Vögele-Filialen übernommen und in das Ladenkonzept Miller & Monroe umgewandelt hatte. Im Zuge des Insolvenzverfahrens wurde von einer Schließung von zwischen 40 bis 60 der deutschen Läden gesprochen.

Miller & Monroe Deutschland beantragt Insolvenz
Miller & Monroe könnte bis zu 60 Läden in Deutschland schließen

Grund sei die wirtschaftliche Lage der vormaligen Charles Vögele GmbH, die bei der Übernahme durch die Victory & Dreams Gruppe deutlich schlechter als dargestellt gewesen sei, so Geschäftsführer der Victory & Dreams Holding Lex (Alexander) Hes in einer Pressemitteilung Anfang März. Zudem seien „wichtige finanzielle Zusagen“ des Verkäufers Sempione durch die Insolvenz der Vögele Gruppe letztes Jahr nicht eingehalten worden.

Der Geschäftsbetrieb in Deutschland sollte fortgeführt werden, hieß es noch im März, und die Filialen geöffnet bleiben; inzwischen wurde aber bekannt gegeben, dass die deutschen Filialen von Miller & Monroe Ende Mai schließen müssen und es damit keine Zukunft für Miller & Monroe in Deutschland gibt, da eine Sanierung im Rahmen des derzeitigen Konzepts keine Option sei.

„Viel Porzellan zerschlagen“: Deutsche Filialen von Miller & Monroe schließen Ende Mai

„Eine langfristige Fortführung der Läden unter der Marke Miller & Monroe kommt nach den Prüfungen und Feststellungen des vorläufigen Insolvenzverwalters Jochen Sedlitz nicht in Betracht“, heißt es in einem Schreiben seiner Kanzlei Menold Bezler vom April 2019. Angesichts „hoher Mietrückstände“ seien „die allermeisten Vermieter nicht bereit, an einer Lösung unter Beteiligung der niederländischen Unternehmensgruppe Victory & Dreams, zu der die Vidrea Deutschland gehört und die auch die Markenrechte an dem Label Miller & Monroe besitzt, mitzuwirken“.

Lex Hes spricht kaum mit der Presse über sein Unternehmen Victory & Dreams Holding, der niederländischen Muttergesellschaft der Bekleidungsmarken Miller & Monroe, Witteveen und Men at Work. Aber angesichts der Entwicklungen fühlte er sich gezwungen, an die Öffentlichkeit zu gehen und sprach in seinem Büro im niederländischen Breukelen mit FashionUnited darüber, wie es zur Insolvenz von Miller & Monroe in Deutschland kam und über einen möglichen Börsengang seines Unternehmens.

Victory & Dreams CEO Lex Hes: „Wir waren überwältigt von dem, was passiert ist“.

Auch in den Niederlanden und Österreich sieht die Zukunft von Miller & Monroe trüb aus: Wenige Wochen nach der Insolvenz der deutschen Schwestergesellschaft hat der Bekleidungshändler nun auch in der niederländischen Heimat arge finanzielle Schwierigkeiten. Betreiber Vidrea Retail B.V. stellte Mitte April beim zuständigen Gericht in Amsterdam einen Antrag auf Zahlungsaufschub. Auch die Sanierung der Modekette Charles Vögele Österreich ist gescheitert: Das Unternehmen soll nun im Zuge des Insolvenzverfahrens abgewickelt werden. Betroffen sind 394 Mitarbeiter, davon 30 in der Zentrale, teilte die Firma am Freitag mit. Gründe seien Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit.

Niederländische Miller & Monroe-Mutter beantragt Zahlungsaufschub
Aus für Modekette Charles Vögele in Österreich

Fotos: Miller & Monroe

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