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Recycling, AI und Rückschritte - die Nachhaltigkeitsbemühungen im 3. Quartal

Von Simone Preuss

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Bild zur Visualisierung Credits: Mac Mullins / Pexels

Im dritten Quartal des Jahres kam man an zwei Wörtern nicht vorbei - regenerativ und AI. Während nachhaltig schon fast nicht mehr auszureichen scheint, kommt jetzt regenerativ hinzu - in der Mode, in der Landwirtschaft. FashionUnited untersuchte beides, ebenso die Rolle, die die künstliche Intelligenz (KI) von Design, Angebot, Vertrieb und Marketing bis zum Einzelhandel und der Textilsortierung in der Modebrache spielen kann und bereits spielt.

Dann wurden einige Berichte veröffentlicht, die einfach ein Muss für alle sind, die im Bereich Mode und Nachhaltigkeit informiert bleiben wollen. Dazu unten mehr. Mit dem zunehmenden Erfolg von Ultra-Fast-Fashion-Anbietern aus Fernost wie Shein und Temu geht es ihnen in Europa aber auch durch die Konkurrenz und die Gesetzgebung an den Kragen. Dann gab es Innovationen, gerade im Bereich des Textilrecyclings, die erwähnenswert sind. Man sieht, auch das dritte Quartal des Jahres gestaltete sich spannend.

„Must Reads”

Daten aus dem aktuellen „Materials Market Report“ der Non-Profit-Organisation Textile Exchange zeigen, dass der Marktanteil von neuen, fossilen Kunstfasern im Jahr 2023 weiter gestiegen ist, während der Anteil von Baumwolle und recycelten Fasern zurückging. Diese Ergebnisse decken sich mit denen einer Umfrage der NGO Changing Markets Foundation unter 50 großen Modemarken: Die Marken gaben zu, Versprechen zum Trotz mehr und nicht weniger synthetische Materialien zu verwenden.

In diesem Zusammenhang auch interessant ist der Anfang August veröffentlichte Bericht der gemeinnützigen Organisation Fashion Revolution „What Fuels Fashion?”. Sie fordert Marken auf, mindestens 2 Prozent ihres Jahresumsatzes in einen gerechten Übergang weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien zu investieren, um ihre Produktion nachhaltig zu betreiben.

Die vierte Ausgabe des Circular Fashion Index von Kearney ergab, dass „die meisten Marken weiterhin innerhalb ihrer traditionellen linearen Modelle arbeiten und aus ökologischer Sicht in fast jedem Schritt des Prozesses, von der Rohstoffauswahl bis zur Verbraucher:innenaufklärung, suboptimale Entscheidungen treffen“, so das nüchterne Fazit von Brian Ehrig, Mitautor des Berichts und Kearney-Partner.

Auch nicht verpassen sollte man den neuen Due-Diligence-Leitfaden von Retraced, der Compliance-Plattform für die Mode- und Textil-Lieferkette. Das Whitepaper zielt darauf ab, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu entmystifizieren, die die Modebranche umgestalten, und Unternehmen dabei zu helfen, Risiken zu reduzieren und ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen zu verbessern.

Dem alljährlichen „Luxury Resale Report“ von The RealReal, dem Resale-Marktplatz für Luxusgüter, konnte man entnehmen, dass Nachhaltigkeit weiter „in“ ist: 49 Prozent der Mitglieder gaben an, dass die Verlängerung des Lebenszyklus von Luxusgütern ein Hauptgrund sei, auf The RealReal einzukaufen. Fast ein Drittel der Kund:innen und 35 Prozent der Wiederverkäufer:innen gaben zudem an, dass sie „weniger, aber speziellere Luxusstücke“ kauften.

Die Ausstellung „Tomorrow's Wardrobe“ im Londoner Design Museum. Bild: Design Museum

Wer die nachhaltigere Zukunft der Mode etwas anschaulicher sehen möchte, kann dies im Design Museum in London in der Ausstellung „Tomorrow’s Wardrobe“ sehen, die noch bis August 2025 läuft. Die Ausstellung ist kostenlos und öffentlich zugänglich und ermutigt Besucher:innen, das Potenzial einer umweltbewussteren Branche zu erkunden und kennenzulernen.

Ultra-Fast-Fashion bereitet weiterhin Kopfzerbrechen

Beschwerden gegen Ultra-Fast-Fashion-Anbieter, hier besonders Shein, häuften sich: Während Italien Ermittlungen gegen das Unternehmen wegen möglicher irreführender Werbung einleitete, reichte der österreichische Handelsverband eine Beschwerde gegen Temu bei der Bundeswettbewerbsbehörde ein. Auch die deutsche Bundesregierung machte sich gemeinsam mit anderen EU-Staaten für eine stärkere Kontrolle von Onlinehändlern wie Temu und Shein stark. Diese machen inzwischen dem deutschen Schuhhandel aber auch Discountern wie Kik und der Konkurrenz wie Amazon zu schaffen. Fakt ist, dass Sheins CO2-Ausstoss im letzten Jahr um 45 Prozent stieg; dies kann das Unternehmen nicht durch einen 250-Millionen-Euro „Circularity Fund“ reinwaschen.

In Spanien soll derweil eine „grüne Mehrwertsteuer“ von nur 10 Prozent umweltfreundliche Unternehmen begünstigen.

Recycling

Bei den Innovationen stach besonders das Textilrecycling hervor: So startete das US-Unternehmen Goodwill Industries ein zwei-Millionen-US-Dollar Textilrecyclingprojekt, dessen Ziel es ist, Fähigkeiten, Systeme und Infrastrukturen zu entwickeln, um Textilien im gesamten Goodwill-Netzwerk zu sammeln, zu sortieren und für die Wiederverwendung und das Recycling vorzubereiten.

Ein großes Problem beim Recycling von Textilabfällen besteht jedoch in der Heterogenität der gesammelten Materialien: verschiedene Materialmischungen, Stoffqualitäten und Zustand der Alttextilien machen sie einen Fall für das Sortieren von Hand, was zeit- und personalaufwendig ist. Das dänische Unternehmen NewRetex hat deshalb ein vollautomatisches Sortiersystem für Textilabfälle entwickelt, das diese mithilfe von Nah-Infrarot-Sensoren (NIR), Kameras und maschinellem Lernen nach Materialart, Materialzusammensetzung, Farbe und Struktur sortieren kann.

Die vollautomatische Sortiermaschine von NewRetex. Bild: NewRetex

Die Deutschen sind mit circa 5,5 Kilogramm Altkleidern pro Kopf jährlich übrigens nicht nur die Top-Exporteure von Alttextilien in der EU, sondern sogar weltweit, übertrumpft nur von den USA. Um Textilberge zu vermeiden, die oft in den Globalen Süden abgestossen werden, hat das Hamburger Abfallmanagementunternehmen Recyclehero eine lokale Lösung gefunden: Es bietet einen kostenlosen Abholservice für Altkleider in ganz Deutschland an und gibt die Kleidung dann an Second-Hand-Shops und Hilfsorganisationen innerhalb Deutschlands weiter. 

Produktinnovationen

Das Deutsche Institut für Textil- und Faserforschung (DITF) und das Freiberg Institute gGmbH (FILK) entwickelten unterdessen ein neues bio-basiertes Polyester, das das Recyclingproblem von Kunstleder lösen könnte.

Auch überschüssige Schafwolle kann ein Problem sein - sie landet oft auf der Mülldeponie oder in der Verbrennungsanlage. Das estnische Unternehmen Woola macht aus ihr jedoch schützende Verpackungen als Alternative zu Luftpolsterfolie und wurde 2023 mit dem LVMH Innovation Award in der Kategorie „Sustainability and Green Tech“ ausgezeichnet.

Bei den Produktinnovationen stellte Melina Bucher eine erste vollständig biobasierte, plastikfreie Tasche vor beziehungsweise Arda Biomaterials und Been London die erste Tasche aus Gerstenabfall von Brauereien.

Der Schweizer Sportartikelanbieter On revolutionierte mit LightSpray die Technologie für das Obermaterial von Performance-Schuhen: Es ist ein einteiliges, ultraleichtes, nahtloses und ultradünnes Obermaterial, das Widerstände minimiert und sogar Schnürsenkel überflüssig macht.

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